Matthias Deumlich
Die spröde Flut
24. Juni 1999 - 25. Juli 1999
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Deumlich, 1997-98 Stipendiat der Akademie der Künste Berlin und Meisterschüler von Rebecca Horn, bezieht sich mit seiner mehrteiligen Klang- und Rauminstallation direkt auf die architektonische Gestalt des Ausstellungsgebäudes: "Aus-gangspunkt der Entstehung dieser Arbeit war das Erstaunen, in der Parochialkirche in einem barocken Gebäude zu sein, dessen schmuckloser Zustand im krassen Gegensatz zum überbordenden Charakter des Barock steht." Für seine Ausstellung konzentriert sich Deumlich auf das Turmhaus, öffnet dabei erstmals der Öffentlichkeit bislang nicht zugängliche Räume und gestaltet sie mit klangplastischen Objekten und Lichtprojektionen.
Im Glockenraum am Ende des Turms - dem Zentrum der Installation - sind acht Glaskuppeln verteilt. In jeder stehen zwei Zentimeter Wasser auf einer Gummimembran. Die Membran ist über einen Lautsprecher gespannt, der die Basis der Kuppel bildet. Mittels einer speziellen Steuerung durchwandern Klänge die im Raum verteilten Kuppeln und bringen das Wasser fontänenartig zum Aufspritzen. Da die Kuppeln unterschiedliche Membranen besitzen, modulieren sie den Klang jeweils verschieden. Einige Kuppeln werden mit sich ständig wiederholenden Klängen aktiviert, was auf der Wasseroberfläche gleichsam durch den Klang getriebene Wasserperlen erzeugt. Lichtprojektionen durch die Glaskuppeln auf Wände und aufgestellte Alltagsgegenstände zeigen Perlen und aufspritzende Fontänen ebenso wie die nachlaufenden Tropfen und Rinnsale an der Innenwand der Kuppeln in immer neuen Variationen.
Zum Hauptraum führt der Weg über das rechte Treppenhaus mit drei anliegenden Räumen. Hier inszeniert Deumlich Objekte, die immer wieder in der Gesamtinstallation auftauchen. So finden sich dort klingende Glaskuppeln mit Wasserspielen oder eine Vitrine mit getrockneten Feuerdornbeeren, die alle 45 Sekunden durch eine Mechanik zum Aufspritzen gebracht werden und danach sofort wieder in Ruheposition fallen. Im Treppenhaus kommen dem Besucher von einer Projektion erzeugte tennisballgroße Perlen oder Tropfen an der Wand entgegengelaufen. Kurz vor dem Glockenraum öffnet Deumlich einen Teil des linken Treppenhauses als zweiten Aufgang und gibt damit auch den Blick frei für die barocke Gesamtanlage des Turmhauses der Parochialkirche.
Deumlichs Klanginstallation Die spröde Flut spielt mit Nahem und Weitem, Bewegung und Ruhe, mit der Phasenverschiebung alltäglicher Gegenstände und deren skulpturalen Qualitäten. Klang wird Bewegung und bekommt durch Lichtprojektionen eine sichtbare Fernwirkung. Stets wiederkehrende Formen, wie z.B. die Ellipse, ergeben sich aus den vor Ort gefundenen Barockformen. Deumlich verwandelt das Turmhaus in eine Komposition aus Raum, Klang, Bewegung, Licht, vorgefundenen und mitgebrachten Objekten.
Mit Unterstützung der Ev. Georgen-Parochialgemeinde, Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur, INITIATIVE NEUE MUSIK Berlin e. V., Elektronisches Studio der TU Berlin, ContribNet, tripple aaa und cyan.