daniel ott, wolfgang mitterer, charles ives PULSE — AUSSEN : stadtmusik Sonntag, 1. Juni 2014, 15 — 18 Uhr, Wasserturmquartier

Das Areal rund um den Wasserturm im Prenzlauer Berg — eines der schönsten urbanen Quartiere Berlins — wird am Sonntag, den 1. Juni 2014 zum Aufführungsort für raumbezogene Kompositionen, klangliche Prozessionen und musikalische Collagen. Für einen Tag wird das Quartier zur perspektivenreichen Bühne für ein Konzert komponiert aus einer Vielzahl von Klängen und Musiken, die in Dichte und Volumen, in Bewegung und Richtung variieren. Das Projekt PULSE — AUSSEN : stadtmusik lässt Anwohner wie Besucher den Ort in einer völlig neuen atmosphärischen Qualität erleben. 200 Musiker sind daran beteiligt: Profimusiker und Studenten, Laienensembles und Anwohner.
Die Idee einer Musik für öffentliche Räume und Landschaften weist weit in die musikalische Tradition zurück. Man denke etwa an Äolsharfen in Parkanlagen, an organisierte musikalische Umzüge oder Arseni Avraamovs Sirenensymphonie. Charles Ives hatte bereits Ende des 19. Jahrhunderts die Idee einer stadträumlichen Musik. Auch im Areal rund um den Wasserturm haben zeitgenössische Musik und Klangkunst eine langjährige Tradition. Bereits im August 1990 fand auf dem benachbarten Kollwitzplatz eine vielbeachtete Aufführung des »Music Circus« von und mit John Cage statt. Die jährlichen Festivals der Künstlergruppe Kryptonale seit Beginn der 1990er Jahre bis 2005 strahlten weit über die Bezirksgrenzen hinaus. Auch die Resonanz auf die Ausstellungen der singuhr — hoergalerie in den beiden Wasserspeichern seit 2007 zeugt von der großen Offenheit des Viertels gegenüber innovativen künstlerischen Projekten. PULSE — AUSSEN : stadtmusik knüpft an diese Traditionen an.

15 Uhr
Daniel Ott »1/6 — Wasserturm I-III«
für Schlagwerkergruppen und Bläser (UA)

Zum Auftakt der stadtmusik erklingt ein neues Werk des Schweizer Komponisten und Performers Daniel Ott. »1/6 — Wasserturm I-III« ist eine Komposition für Schlagwerker und Blechinstrumente in drei Teilen. Im ersten Teil — »wasserturm I — musik für woodblocks« — sind sieben Schlagzeugergruppen im Wasserturmareal unterwegs, finden sich zu exakt bestimmten Zeitpunkten und an festgelegten Orten in Gruppen zusammen und gehen wieder auseinander: Räumliche Konzentrationen von perkussiven Klängen und durchstrukturierte Klangfelder wechseln sich mit einzelnen Schlagzeugakzenten aber auch Pausen ab, in denen die alltäglichen „sounds« des Wasserturmplatzes hörbar werden. In »wasserturm II -- musik für blechinstrumente« färben solistische Trompeter auf dem Hochplateau sowie vier Blaskapellen an den Ecken der Parkanlage mit variierenden Clustern und Akkorden akustisch das Areal. In der Komposition werden Akkordstrukturen und rhythmische Folgen einerseits aus den Proportionen der umliegenden Straßen sowie den Straßennamen und Hausnummern abgeleitet, andererseits aber von den akustischen Erfordernissen des Platzes bestimmt — es entsteht eine Komposition »on site«. Der dritte Teil — »wasserturm III — musik für holz & blech« — führt Schlagzeuger und Blechbläser zusammen. Wie auf einem überdimensionalen Schachbrett bewegen sich nun die Gruppen, klangliche Strukturen aus den ersten beiden Teilen geraten in Bewegung, verdichten sich und konzentrieren sich schließlich auf dem Plateau des Wasserturmplatzes.

16 Uhr
Wolfgang Mitterer »labyrinth 14/1«
ortsbezogene Komposition für Laienmusikgruppen, Trompetenquartett, 7 Solo-Schlagzeuger, Nasenflötenorchester, Chor und Electronics (UA)

Im Anschluss folgt die Uraufführung der Komposition »labyrinth 14/1« von Wolfgang Mitterer. Mitterer ist einer der bekanntesten österreichischen Komponisten der Gegenwart, der sowohl als Organist und Jazzmusiker wie auch als Komponist von zeitgenössischer und elektroakustischer Musik sehr erfolgreich wirkt. Das Zusammenführen von Laien und Profis, von Musikern verschiedener stilistischer Prägungen, von klassischen Instrumenten und elektronischen Klängen im öffentlichen Raum ist der Ausgangspunkt seiner Komposition. In »labyrinth 14/1« werden sich sechs sehr unterschiedliche Musikergruppen nach Zeitpartitur musizierend am Wasserturmplatz bewegen: vier Blasorchester, das Nasenflötenorchester Kreuzberg sowie ein Chor. Am Hügel selbst postiert Mitterer eine indirekt abstrahlende Lautsprecheranlage für sechskanalige Tonbandzuspielungen sowie sieben Solo-Schlagzeuger auf dem Plateau, die solistisch begleitet werden von 4 Trompeten aus den Fenstern der umliegenden Häuser.  So vermischen sich Zufall und Komposition, bewegte und statische Klänge, elektronische und Instrumentalklänge zu einer vielschichtigen Komposition, deren idealer Hörort das Hochplateau oberhalb der Wasserspeicher ist.

17 Uhr
Charles Ives »Life Puls Prelude«
für 7 Schlagwerkergruppen (Künstlerische Leitung: Robin Schulkowsky)

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts hatte Charles Ives die Idee einer räumlich strukturierten Musik, die sich auch in seinen Kompositionen für den Konzertsaal wiederfindet. Eine Hommage an den berühmten amerikanischen Komponisten ist die Aufführung von »Life Puls Prelude« aus Charles Ives’ »Universe Symphony« unter der Leitung der amerikanischen Schlagzeugerin Robyn Schulkowsky zum Abschluss der stadtmusik. Sieben Schlagwerker-Gruppen — zusammengesetzt aus Studenten, Profimusikern, Musikschülern und Laientrommlern — bewegen sich mit je eigenen rhythmischen Patterns am Wasserturmplatz. Die kompositorische Grundlage des Stückes bildet dabei ein von Ives als »basic unit« bezeichneter rhythmischer Pulsschlag, der vom Plateau erklingt und aus dem sich alle rhythmischen Muster der einzelnen Schlagwerker-Gruppen ableiten. Vom Zentrum des Plateaus aus bewegen sich die Gruppen langsam auf unterschiedlichen Wegen zu den Rändern des Platzes und eröffnen den Zuhörern damit immer neue zeitliche, rhythmische und räumliche Perspektiven auf die Musik.

Mitwirkende Ensembles:
Chor schreiender Männer Pankow, Jugendsinfonieorchester Marzahn-Hellersdorf, Junges Ensemble Berlin / Blasorchester, Das Original Oberkreuzberger Nasenflötenorchester: Der Grindchor, Schnaftl Ufftschik, Zentralkapelle Berlin

Veranstaltet von singuhr e.v.
Mit freundlicher Unterstützung des Bezirksamts Pankow
Schirmherr: Bezirksbürgermeister Matthias Köhne
Gefördert durch: Hauptstadtkulturfonds; Initiative Neue Musik Berlin e.v.; Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung
»labyrinth 14/1« von Wolfgang Mitterer ist ein Kompositionsauftrag von singuhr — projekte, finanziert von der Ernst von Siemens Musikstiftung.
Medienpartner: Neue Zeitschrift für Musik
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