Robin Minard, Hanns Holger Rutz, Ludger Hennig, Robert Rehnig
VICE VERSA
Ein Projekt des SeaM Weimar
02. Juni 2007 - 22. Juli 2007
zurück zur Saison

Das Studio für elektroakustische Musik (SeaM) an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT und Bauhaus-Universität Weimar, seit 1997 unter der Leitung des kanadischen Komponisten und Klangkünstlers Robin Minard, präsentiert mit “Vice Versa” eine Installation aus Klang und Licht. die die Gegensätzlichkeit der beiden historischen Wasserspeicher im Prenzlauer Berg unterstreicht: groß / klein, zentrifugal / peripher, hermetisch / offen…

Als physikalische Objekte werden im großen Speicher eine ungewöhnlich lange, vertikal durch den Turm des Speichers gespannte Stahl-Saite und im kleinen Speicher eine Vielzahl von horizontal über dem Boden schwebenden quadratischen Stahlplatten installiert. Beide Objekte werden mit Hilfe von Körperschallgebern zum Schwingen gebracht und elektroakustisch verarbeitet.
Die lange Stahlsaite, aus der das Klangmaterial gewonnen wird, findet sich als monolithisches Zentralelement im Turm des großen Speichers, der bis über die Grasnabe hinaus ins Freie ragt. Die vier Ringe des Speichers mit ihren jeweils ganz unterschiedlichen Hall- und Echoeigenschaften umgeben dieses Zentrum wie Schalen oder magnetische Kraftlinien. Die vom Computer transformierten und elektroakustisch ausgestrahlten Klänge sind spektrale Manifestationen der ausgezeichneten vertikalen Mittellinie.

Der kleine Wasserspeicher hingegen stellt sich als offener Raum dar. Die Bewegung des Besuchers ist explorativ und seitwärts gerichtet, das Zentrum ist transparent und führt den Blick weiter zur gegenüberliegenden Peripherie. Für die Offenheit und Wählbarkeit steht eine schwankende und wandernde Konstellation aus Rauschen.

Statt Speicher als hermetischem, unveränderlichem Behälter wird Speicher in Analogie zum Gedächtnis als rauschendes Feld begriffen, das ständig in Veränderungen ist, das sich nicht aus seinen Wandungen konstituiert, sondern aus wechselnden Verknüpfungen und Verwerfungen, aus Umwelteinflüssen. Der Speicher wird als labyrinthischer Möglichkeitsraum aufgefaßt, der durch die Bewegungen der Besucher zum Oszillieren gebracht wird. Das Feld, das Labyrinth, der Wunsch, die Möglichkeit haben ihren Grund stets in der Ferne, in der Abwesenheit. Die Installation, in deren Gedächtnis sich die Bewegungen des Besuchers einschreiben, spielt mit diesem Horizont. Zugleich werden durch die im Gewölbe verteilte Stahlplatten Anziehungspunkte geschaffen: Die Resonanzen der Platten schälen sich bei Annäherung des Besuchers aus der Monochromie des Rauschens heraus.